Paulina Pirro gewinnt WM-Bronze im Kajak

In vier Disziplinen war die junge Athletin an den Start gegangen – mit dem heutigen Kajak-Finale sollte nun auch die vierte Medaille hinzukommen.

Nach den Silber- und Bronzemedaillen in den Mannschaftsrennen und dem Gewinn des Weltmeistertitels im Canadier am gestrigen Tag, hieß es für Paulina Pirro heute, auch in ihrer Paradedisziplin, dem Kajak, ihre Klasse unter Beweis zu stellen. Die dreifache Europameisterin in dieser Disziplin hatte die Qualifikation als Zeitschnellste abgeschlossen, kam auch im Semifinale fehlerfrei durch den Parcours. Im Finale legte dann die Tschechin Bara Galuskova eine Zeit vor, die im Gegensatz zu den anderen Endläufen des Tages nicht wirklich schneller war als noch im Lauf zuvor. Pirro startete als Vorletzte, lag in der ersten Zwischenzeit über eine Sekunde in Führung. Mit einem fehlerfreien und schnellen Mittelteil baute sie ihren Vorsprung auf knapp zweieinhalb Sekunden aus. Alles deutete darauf hin, dass sie auch im vierten Finale wieder auf dem Treppchen stehen würde.

Doch am letzten Tor unterlief ihr ein Fahrfehler. Die Welle in der Einfahrt zum Aufwärtstor griff ihre Bootsspitze ein wenig zu stark. „Die hat mich aufgedreht, da habe ich kurz gestanden.“ Doch die 17-jährige reagierte schnell, zog das Boot wieder auf die Linie. Im folgenden Aufwärtstor touchierte sie ganz leicht die Torstange. „Das habe ich überhaupt nicht mitbekommen, dass ich da dran war.“ In der Welle „den Anker geworfen“ und nun auch noch mit zwei Sekunden Zeitstrafe im Gepäck, packte sie noch einmal alles in den Zielsprint und schob ihr Kajak mit kräftigen Schlägen über die Linie. Dort standen dann, hauchdünne sieben Zehntelsekunden Rückstand auf der Uhr. Die gemischten Gefühle waren ihr deutlich anzusehen. Die sonst so übliche Faust in der Höhe und der Schlag auf das Boot blieben aus. Kurz nach ihr hatte sich dann schließlich noch die zweite Tschechin Klara Kneblova zwischen sie und die führende Landsfrau geschoben. „Ich muss schon sagen, die Freude über die Bronzemedaille fällt mir gerade schon etwas schwer“ gab die Bad Kreuznacherin auch nach der Siegerehrung noch zu. Druck am Start wegen der bereits erreichten Leistungen will sie nicht gehabt haben, aber der Anspruch an sich selbst ist dadurch sicher nur umso größer. Mit etwas Abstand auf die Geschehnisse gab sie schließlich dann aber doch zu: „mit dem Fehler und der Torstabberührung trotzdem noch auf das Treppchen zu fahren – da bin ich schon froh, dass es noch zu Bronze gereicht hat.“

Teamleader Michael Trummer: … „Besonders hervorheben muss man Paulina, die mit vier Medaillen die erfolgreichste Deutsche Athletin ist.“ Nicht nur diese WM war ein Spiegelbild ihrer beachtlichen Karriere als Jungathletin. „Seit ihrem ersten Europameistertitel 2020 hier in Krakau gewann sie in ihren vier Junioren-Jahren insgesamt 16 Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften im Kajak und Canadier“ blickte Trummer zurück.

Text und Fotos: Philipp Reichenbach

K1w Junioren: 1. GALUSKOVA Bara (CZE) 97.98 (0); 2. KNEBLOVA Klara (CZE) 98.44 (2) +0.46; 3. PIRRO Paulina (GER) 98.72 (2) +0.74; 7. HEYDENREICH Christin (GER) 103.31 (2) +5.33; [Semifinale] 12. WILD Charlotte (GER) 104.95 (0)

Paulina Pirro holt WM-Gold

Bei den Junioren und U23 Weltmeisterschaften sicherten sich Paulina Pirro und Christin Heydenreich die Gold- und Silbermedaille. Weitere Finalisten schrammten nur knapp an einer Medaille vorbei.

Das hatten beide so nicht erwartet. Das Dreiergestirn aus Neele Krech, Christin Heydenreich (beide Leipzig) und Paulina Pirro (Bad Kreuznach) konnte sich im Semifinale der Canadier-Einer Juniorinnen alle gemeinsam für die entscheidende Runde qualifizieren. Dabei übernahmen Pirro und Heydenreich bereits die Führung und zeigten damit auch der Konkurrenz, dass sie ein Wörtchen um die Medaillen mitreden wollen. Die frisch gebackene Europameisterin Neele Krech startete im Finallauf im Mittelfeld, musste eine Torstabberührung hinnehmen und kam bereits nicht mehr an die Führungszeit heran. Anschließend sollte eine wilde Achterbahnfahrt der Emotionen im Ziel geschehen. Die vier noch am Start stehenden Boote übertrafen sich alle gegenseitig. Die Slowenin Naja Pinteric legte eine Zeit vor, die im Semifinale locker für Silber gereicht hätte und wähnte sich damit schon auf dem Podium. Doch bereits die folgende Tschechin unterbot sie um knapp eine Sekunde. Nun ging Christin Heydenreich an den Start. Als Vorletzte Starterin war ihr klar: „Wenn ich unten ankomme und da steht eine Eins oder Zwei, dann habe ich eine Medaille sicher.“  Sie steigerte sich um satte drei Sekunden, blieb wieder fehlerfrei. Dann leuchtete im Ziel die Zeit grün auf und es war nur noch ein Schrei der Erleichterung zu hören.

Während Christin Heydenreich noch mit ihren Emotionen im Ziel kämpfte, war Paulina Pirro bereits auf die Strecke gegangen. Auch sie fuhr auf Angriff, lag in der ersten Zwischenzeit knapp eine halbe Sekunde vor ihrer Teamkollegin. Doch dann passierte ihr ein kleiner Fehler in der Durchfahrt des Abwärtstors 10. Mit zwei Sekunden Zeitstrafe im Gepäck, legte sie im unteren Streckenteil nochmal zu: „Die letzten beiden Tore waren so close.“ Gerade das letzte Aufwärtstor hatte in den vorherigen Rennen oft über Sieg und Niederlage entschieden. Und so sollte es auch bei den Juniorinnen werden. Mit einer hauchdünnen Befahrung schlängelte sie sich um die Torstange und brachte letztlich noch einmal über zweieinhalb Sekunden Vorsprung über die Ziellinie. Dass dann natürlich auch der Freudenschrei bis zur Tribüne im Mittelteil reichte, war klar. „Das ist einfach unfassbar. Mein Traum war es, einmal im Einzel bei der WM ganz oben zu stehen. Dass das jetzt im C1 passiert ist, hätte ich nie erwartet.“ Für die dreifache Europameisterin in der Kajak-Disziplin ist der Canadier eigentlich „nur“ die zweite Bootsklasse. „Das haben wir einfach nicht erwartet“ musste auch Christin Heydenreich überwältigt von den Ereignissen gestehen. Überglücklich mit den Medaillen als Doppelweltmeisterinnen werden beide auch morgen noch einmal im Kajak an den Start gehen.

Text u. Fotos: Philipp Reichenbach

K1w Junioren: 1. PIRRO Paulina (GER) 91.56 (2); 2. MRAZKOVA Klara (CZE) 94.64 (0) +3.08; 3. PESCE-ROUE Nina (FRA) 97.43 (0) +5.87; 10. HEYDENREICH Christin (GER) 106.36 (6) +14.80; 16. WILD Charlotte (GER) 109.57 (2) +18.01